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Bis zur Unendlichkeit
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Kinder auf dem Weg zur Selbständigkeit begleiten

Beitrag von Doloris Keller, pädagogische Regionalleitung, Fachpädagogin für Bildungs- und Beratungskompetenz, langjährige Erfahrung als Leiterin in der Integrationsarbeit in Kitas, zuerst erschienen in Parikids 05/2020

Bei meinen Hospitationen und Besuchen in den Paritätischen Kindertageseinrichtungen beobachte und erlebe ich, wie Kinder in unterschiedlichen Alltagssituationen, z.B. beim An- und Ausziehen, bei den Mahlzeiten, beim Wickeln, in Spiel- und Arbeitssituationen etc. eigenständig und schrittweise, unabhängig von den Pädagog*innen, handeln. Kinder haben einen natürlichen Drang selbstständig zu werden.

Selbstständigkeit entwickelt sich nicht in einem bestimmten Alter automatisch, sondern ist die Folge eines langen Lernprozesses, der in der frühesten Kindheit bereits einsetzt. Dieser Prozess besteht aus zahlreichen kleinen Schritten und beginnt, wenn das Kind zum ersten Mal bewusst das Wort „Ich“ benutzt. Jetzt erkennt das Kind, dass es eine eigenständige Person ist.

"Ich kann das schon alleine!"

Diesen Satz hören Pädagog*innen mehrmals am Tag.

Erziehung zur Selbstständigkeit ist eine Gratwanderung zwischen Festhalten und allmählichem Loslassen.
Sich dies bewusst zu machen, ist für Eltern und Pädagog*innen eine bedeutungsvolle Aufgabe.

Wie setzen Pädagog*innen den Wunsch nach Selbstständigkeit im Kita-Alltag um?

Beispiel Essen

Je nach Alter und Entwicklung decken die Kinder selbstständig den Tisch mit auf und ab. Den Kindern stehen Porzellangeschirr, Gläser, (kleine) Gefäße mit Getränk, komplettes Besteck zur Wahl und Servietten. Die Krippenkinder erhalten vor dem Essen ein Lätzchen und nach dem Essen ein feuchtes Tuch zum Abwischen oder sie waschen ihre Hände, wie Kindergarten- und Hortkinder am Waschbecken in den Sanitärräumen.

Auf den Tischen stehen (kleine) Schüsseln, (kleine) Kannen mit Getränken, sodass sich die Kinder, so eigenständig wie möglich, das Essen nehmen und sich selbst ein Getränk aus den Gefäßen eingießen können. Jedes Kind hat einen Sitzplatz, den es ggf. selbst auswählen kann.

Die Pädagog*innen sitzen mit den Kindern an den Tischen und können somit beobachten, ob und wann jüngere Kinder Unterstützung benötigen. Jedes Kind kann frei aus dem Angebot an Essen und Getränken auswählen und entscheiden, wovon es isst und wie viel es isst.

Die Einbeziehung der Kinder bei der Gestaltung der Mahlzeiten sieht in Krippe, Kindergarten und Hort unterschiedlich
aus, da die älteren Kinder bei der Vorbereitung und Durchführung der Mahlzeiten vielfältigere Aufgaben übernehmen können und auch wollen. Die Kinder bringen z.B. auch Vorschläge für die Speiseplanung ein.

Beispiel An- und Ausziehen

Die Pädagog*innen geben den Kindern tagtäglich Gelegenheit, über ihr eigenständiges Tun zu erfahren, was sie können und dabei sind auch Fehler erlaubt. Eine weitere Alltagsituation, in der Kinder ihre Selbstständigkeit unter Beweis stellen, ist das Aus- und Anziehen.

Nach dem Schlafen bzw. Ausruhen holt sich jedes Krippenkind sein Körbchen (oder auch eine andere Aufbewahrung), in dem seine Kleidung während des Schlafens oder Ausruhens bereitliegt. Damit das Kind weiß, welcher Korb ihm gehört, ist dieser z.B. mit einem Foto des Kindes gekennzeichnet.

Nun geht es, soweit möglich, alleine ans Aus- und Anziehen der einzelnen Kleidungsstücke. Gar nicht so einfach ist es, die Hose „richtig“ anzuziehen. Welches Bein gehört in welches Hosenbein? Es ist spannend und interessant als Erwachsener zu beobachten, wie Kinder mit dieser Situation umgehen. Manche überlegen erst, andere probieren es sofort und immer wieder aus, bis sie es geschafft haben. Manchmal wird auch nur eine kleine Unterstützung der Pädagog*innen benötigt. Das Kind ist sehr stolz auf sich, wenn es das Anziehen alleine geschafft hat.

„Hilf mir, es selbst zu tun. Zeig mir, wie es geht. Tu es nicht für mich.
Ich kann und will es allein tun. Hab Geduld, meine Wege zu begreifen.
Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere
Versuche machen will. Mute mir Fehler zu, denn aus ihnen kann ich lernen.“

Selbstständigkeit und Selbsttätigkeit zulassen bedeutet dem Kind Vertrauen schenken, dem Kind etwas zutrauen! In diesem Sinne orientieren wir Erwachsene uns „an der Bitte eines Kindes“ an Maria Montessori (italienische Ärztin und Pädagogin, 1870 – 1952).

Kinder loszulassen und die Selbstständigkeit der Kinder zu stärken geschieht im Kita-Alltag schrittweise, indem die Pädagog*innen den Kindern Frei- und Handlungsräume gewähren.

Kinder gehen gestärkt und mit einem Selbstbewusstsein in „die Welt hinaus“, wenn wir Erwachsene es ihnen zutrauen, selbsttätig zu sein und dies in ihrem eigenen Tempo und sie dabei lassen. Nur so traut sich das Kind an Neues heran, wächst an seinen Aufgaben und Herausforderungen und gewinnt Sicherheit in seinem Tun.

Dies erfordert von den Pädagog*innen eine Haltung, die geprägt ist durch beobachten und wahrnehmen, sich zurücknehmen und abwarten, Geduld und Einfühlungsvermögen und achtsames Begleiten.

Bewertung:
 

Gefördert durch die Bayerische Staatsregierung

Die Gemeinnützige Paritätische Kindertagesbetreuung GmbH in Nord- und Südbayern betreibt über 50 Kinderkrippen, Kindergärten, Kooperationseinrichtungen, Horte und Kinderhäuser in und um München, Regensburg, Nürnberg, Erlangen und Forchheim. Alle PariKitas zeichnen sich aus durch eine liebevolle Betreuung, hohe fachliche Qualität und anspruchsvolle Pädagogik auf Basis der Grundwerte des Paritätischen: Vielfalt, Toleranz und Offenheit.