Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
für viele Eltern in Bayern ist es längst Realität: Betreuungszeiten müssen reduziert werden, weil wie-der eine Mitarbeiterin der Kita gekündigt hat. Oder am Morgen kommt eine E-Mail, dass die Kinder aufgrund hohen Krankenstands bereits mittags abgeholt werden müssen. Die Folge: Eltern müssen ihre Arbeitszeit reduzieren. Fachkräfte fehlen der bayerischen Wirtschaft, weil sie selbst ihre Kinder betreuen müssen.
Was Eltern und Arbeitgeber täglich erleben, bestätigen viele Studien: In Bayern fehlen allein im nächsten Jahr 14.500 Fach- und Arbeitskräfte. Der Mangel wird sich mit dem dringend notwendigen Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder noch weiter verschärfen. Für die Kitas in Bayern ist das längst eine existentielle Bedrohung. Bereits jetzt werden Gruppen und ganze Einrichtungen geschlossen. Hinzu kommt die nicht ausreichende Finanzierung der Betriebskosten, die die Träger in bedrohliche wirtschaftliche Nöte geraten lässt.
Um auf die existentielle Not der Kitas aufmerksam zu machen, hat der Paritätische in Bayern das breite Bündnis aus paritätischen Mitgliedsorganisationen „KitaPolitikTage“ geschlossen und mit gemeinsamen Forderungen die Landespolitik adressiert. Vor der Landtagswahl haben zahlreiche Kin-dertageseinrichtungen ihre Türen geöffnet und Kandidierende eingeladen, für ein paar Stunden Teil des Kitateams zu sein. Am Weltkindertag hat das paritätische Bündnis mit Politiker*innen aller im Landtag vertretenen demokratischen Parteien über die Forderungen bei der Podiumsdiskussion „Kitas jetzt sichern“ debattiert. Hier wurden zwei wesentliche Punkte deutlich:
Erstens: Die frühkindliche Bildung in den Kitas legt das Fundament für die Zukunftsperspektiven der Kinder. Bayerns Kinder brauchen einen sicheren Ort, an dem sie sich gemeinsam weiterentwickeln und gefördert werden! Die Wissenschaft belegt, dass Kitas familiäre Benachteiligungen ausgleichen. Mit Blick auf die Bildungschancen aller Kinder und dem Fachkräftemangel kann es sich Bayern sowohl kurzfristig als auch langfristig nicht leisten, einen Teil der Kinder bereits im Kindergartenalter zu verlieren. Für eine verlässliche und qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung brauchen bayerische Kitas gut ausgebildete Mitarbeiter*innen mit ausreichend Zeit zur Arbeit mit den Kindern und gute Rahmenbedingungen. Nur so bleiben sie ihr Berufsleben mit Kompetenz und Empathie den bay-rischen Kindertageseinrichtungen als Arbeitskräfte erhalten!
Zweitens: Bayerns Wirtschaft braucht stabile und qualitativ hochwertige Kindertageseinrichtungen mit ausreichenden Plätzen für alle Kinder! Diese sichern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, indem sie beiden Eltern ermöglichen, gleichberechtigt berufstätig sein zu können. Der Personal- und Fachkräftemangel in den Kitas verschärft den Personalmangel in allen anderen Branchen. Deshalb ist eine verlässliche Kindertagesbetreuung ein zentraler Wirtschaftsfaktor!
Bei der Podiumsdiskussion waren sich die Politiker*innen von CSU, Grüne, Freie Wähler, SPD und FDP in einem Punkt einig: Die Finanzierung der Kindertagesbetreuung muss in der kommenden Wahlperiode dringend reformiert und auf breite Füße gestellt werden. Denn sie bildet das Fundament einer verlässlichen Kindertagesbetreuung in Bayern.
Das paritätische Bündnis „KitaPolitikTage“ fordert daher alle Parteien im Bayrischen Landtag und insbesondere CSU und Freie Wähler für die Koalitionsverhandlungen auf, eine Reform der gesetzlichen Betriebskostenfinanzierung als prioritäre Aufgabe der Kitapolitik im Koalitionsvertrag zu verankern.
Die gesetzliche Betriebskostenlücke muss geschlossen werden, um gleiche Rahmenbedingungen in ganz Bayern für beste Kitas zu ermöglichen: Es darf keinen Unterschied machen, in welcher Gemeinde Kinder in einer Kindertageseinrichtung betreut werden. Die Qualität der Bildung, Betreuung und Erziehung darf nicht abhängig von der kommunalen Finanzkraft sein. Alle Kinder in Bayern müssen gleiche Bildungs- und Teilhabechancen haben. Über gesetzliche Rahmenbedingungen muss eine auskömmliche Finanzierung aller Kindertagesbetreuungseinrichtungen in ganz Bayern gewährleistet sein. Es ist die Verantwortung des Freistaats, die Einrichtungen in die Lage zu versetzen, gute Rahmenbedingungen für frühkindliche Bildung und verlässliche Betreuung zu schaffen, so dass ein ange-messener Personalschlüssel vorgehalten werden kann. Dies ist wesentlich für eine gute Qualität, steigert die Zufriedenheit im Beruf und wirkt den Abwanderungsbewegungen aus dem Berufsfeld entgegen.
Zudem fordern wir, das Bündnis für frühkindliche Bildung weiterzuführen. Das Bündnis sichert den Diskurs aller zentralen Akteure im Feld der Kindertagesbetreuung und trägt damit zur dringend notwendigen gemeinsamen Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität bei. Es bildet den zentralen Ort, um Maßnahmen zur Personalgewinnung, -qualifizierung und -bindung, die das paritätische Bündnis „KitaPolitikTage“ bereits vor der Landtagswahl von der Politik gefordert hat, zu diskutieren und zu entwickeln.
Damit das Familienland Bayern die besten Chancen für das Aufwachsen von Kindern bietet, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch besser ermöglicht, und Kitas beste Arbeitsplätze sind, muss entschlossen politisch gehandelt werden. Kitapolitik muss Chefsache werden!
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Margit Berndl
Vorständin Verbands- und Sozialpolitik
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